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Vigile Iori

Year of birth 1960
Year of death 2022
Place Poza
Form People
Medium Writing

Vigile (Vigilio/Gile) Iori studied literature and philosophy in Bologna. From 1985 onwards he taught Italian and history in Pozza. Since 2005 he has worked for OLFED - Ofize Ladin Formazion and Enrescida Didatica. He produces radio broadcasts for RAI Ladina and comedy scenes for the TV channel TCA. He is co-author of the Fassan grammar book (2002). He composes poetry, prose and plays. His poems are stylistically and spiritually rigorous, and sometimes hermetically shortened. Although the poems are very short, one can feel deep scepticism and resignation. Thoughts are presented in a rather hesitant and sometimes incomplete manner. Vigile Iori's poetics is actually an exploration of himself through essential and minimalist lyricism. Doubts and unanswered questions also appear in his prose.

La luna

L’é chiar soravia
e l’é scur ju junsot
Sche n termen
anter
monc e ciel
anter
me … e l Mond
Ma la luna la va per so viac
e le nigole va per si fac
Gio reste chiò

Der Mond

Oben ist es hell
und unten es ist dunkel.
Wie ein Grenzstein
zwischen
Bergen und Himmel,
zwischen
mir … und der Welt.
Doch der Mond geht auf seine Reise,
und die Wolken ziehen auf ihren Wegen fort.
Ich bleibe hier.

funtana: Rut Bernardi/Paul Videsott, Geschichte der ladinischen Literatur. Ein bio-bibliografisches Autorenkompendium von den Anfängen des ladinischen Schrifttums bis zum Literaturschaffen des frühen 21. Jahrhunderts (Scripta Ladina Brixinensia III), Bulsan 2014, pl. 1180-1181.

LUM

Na lum se fèsc inant
ma no la veide
Tedant
n ciuscon de chegozes
bel
sia foes
sia reses
sia spines
la lum no
chela no
no la veide
amò

LICHT

Ein Licht leuchtet auf,
doch ich sehe es nicht.
Vor
einem wilden Rosenstrauch,
schön sind
seine Blätter,
seine Blüten,
seine Dornen,
das Licht nicht,
das sehe ich
noch
nicht.

funtana: Rut Bernardi/Paul Videsott, Geschichte der ladinischen Literatur. Ein bio-bibliografisches Autorenkompendium von den Anfängen des ladinischen Schrifttums bis zum Literaturschaffen des frühen 21. Jahrhunderts (Scripta Ladina Brixinensia III), Bulsan 2014, pl. 1181.

te chesta strentarìa

te chesta strentarìa
tu te ès n inom
(sèste se dan o don?)
pensier de peèr via
via da n nef scomenz fort,
ruèr te l’ozean
esser endò nesciugn
endò zenza n inom
tu e nesciugn
nesciugn ma tu
amàncol te l’ilujion

in dieser Enge

in dieser Enge
hast du einen Namen
(weißt du, ob Schaden oder Geschenk?)
Fluchtgedanke –
zu neuem Beginn
bis in den Ozean
wieder Niemand sein
wieder ohne einen Namen
du und Niemand
Niemand, nur du
wenigstens in der Illusion

funtana: Rut Bernardi/Paul Videsott, Geschichte der ladinischen Literatur. Ein bio-bibliografisches Autorenkompendium von den Anfängen des ladinischen Schrifttums bis zum Literaturschaffen des frühen 21. Jahrhunderts (Scripta Ladina Brixinensia III), Bulsan 2014, pl. 1181.

Da Jan

Jan e Piere se cognosc jà da canche i jìa a scola da bec. I se à tras sentù n muie amisc, ence canche i no era a una sun certa costions, un dijea la sia e l’ auter ence, magari con gran descuscions, ma zenza se enirèr se un restèa de la sia e l’ auter ence. Perauter i se cognoscea chel tant da saer che nesciun aessa zedù, e fosc apontin per chest i é scialdi stac ben dessema, se dijan béleche dut un co l’ auter. (Verra 1998, 79)

Jan und Piere kannten sich schon seit ihrer Schulzeit. Sie waren eng befreundet, auch wenn sie über bestimmte Angelegenheiten nicht gleicher Meinung waren. Jeder sagte, was er dachte, auch unter heftigen Debatten, doch ohne sich je zu ärgern, wenn jeder die eigene Meinung verteidigte. Sie kannten sich nämlich so gut, dass sie genau wussten, dass keiner nachgeben würde, und vielleicht war gerade das der Grund, weshalb sie so gut zusammenpassten, indem sie sich alles sagten.

funtana: Rut Bernardi/Paul Videsott, Geschichte der ladinischen Literatur. Ein bio-bibliografisches Autorenkompendium von den Anfängen des ladinischen Schrifttums bis zum Literaturschaffen des frühen 21. Jahrhunderts (Scripta Ladina Brixinensia III), Bulsan 2014, pl. 1182.


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