Max Tosi
Max Tosi à mparà furlan da si oma che fova jita a sté a Polesine tla provinzia de Rovigo. Plu tert se à Tosi trasferì a Maran. Davia che I univa via per l instà al frësch sun l luech da paur Coi a Urtijëi, al mparà l ladin de Gherdëina. Bele cun 15 ani al scrit si prima cumposizion lirica per ladin. Do l stude de leteratura y lingac a Milan al nsenià materies letereres a Maran. Iló al tl 1945 metù su, deberieda cun Tresl Gruber, la Union Culturela di Ladins de Maran. Tosi ie stat l prim che se à cruzià che l vënie fat trasmiscions tl radio per ladin tres la RAI de Bulsan (dal 1946 inant). Tl 1946 al dat ora la revista ladina Popul ladin. Cunlauran cun Frida Piazza, Amalia Anderlan Obletter y Alex Moroder se al dassënn dat ju cun la vita culturela y leterera ladina, ma l à nce messù patì truepa ncumprenscions da pert de cërta persones de Gherdëina. Si sëula edizion de liriches y stories curtes ie unida publicheda dl 1975 cun l titul Ciofes da Mont. Cun si gran savëi lirich y sensibltà artistica iel stat n model per generazions de scritëures ladins. N possa bën dì che si produzion leterera ie stata chëla che à inaugurà la leteratura ladina nueva do la Segonda gran viera. Tosi à purtà pro a rënder plu rich l lingaz ladin cun criazions lessicheles nueves. Max Tosi ne ie nia mé stat n poet, ma nce n moler autodidat; cunesciudes ie la pitures y na gran cumpëida de dessënies te n stil naif. L à vivù a Obermais, dalonc da si Ladinia, ulache l ie nce mort tl 1988.
Ansciuda inviërnela
Su samont son-s jit n di,
ch’l fova l prim de mei,
ma l inviërn oa mo curì
i crëps y l mujnëi.
L albric y l leresc, zënza vërt,
fova duc mbrijei,
m’é fermà sun troi ngërt,
ëuch! Ce desplajëi!
Sot a dascia mé n ucel
che te si coa fova,
drët descunselà per l jel
ci, ci, l cijidova.
Chiet dut, y nce sot a dlieja
nëif y dlacia inò,
dlongia n pinch, cëla! Na luesa,
chi aspitov-la iló?
Y la plueia sul raion
tich, tach, tac tumoa,
sëura l bòsch y sun puscion,
sui purons dla roa.
Son ruvà su dejidran
d’ancunté l’ansciuda,
son dat ëuta duleran
per ne l’avëi ududa.
Ie minov’ de me ralegré
sche te n di d’instà,
tichenëus n tëmp d’fauré:
l m’à riesc ciacià.
Winterlicher Frühling
Auf die Alm bin ich eines Tages gegangen,
es war der erste Mai,
doch der Winter hatte noch einmal
die Berge und die Geröllhalden bedeckt.
Die Pappel und die Lärche, ohne Grün,
waren alle bedeckt mit Raureif,
ungern hielt ich auf meinem Weg inne,
auweh! Wie schade!
Unter den Tannenzweigen hockte nur ein Vogel
in seinem Nest,
recht traurig des Frostes wegen
pip, pip, zwitscherte er.
Überall Stille, auch unterhalb der Kirche
wieder Schnee und Eis,
neben einer Föhre, schau! Eine Rodel,
auf wen wird sie dort wohl warten?
Und der Regen fiel auf die Erde
tick, tack, tatsch,
auf den Wald und auf das Anwesen,
auf die großen Felsblöcke im Geröll.
Ich bin hinaufgestiegen, in der Hoffnung
dem Frühling zu begegnen,
habe traurig kehrt gemacht,
denn ich habe ihn nicht gesehen.
Ich dachte, mich zu erfreuen
wie an einem Sommertag,
heimtückisches Februarwetter:
hat mich rasch vertrieben.
funtana: Rut Bernardi/Paul Videsott, Geschichte der ladinischen Literatur. Ein bio-bibliografisches Autorenkompendium von den Anfängen des ladinischen Schrifttums bis zum Literaturschaffen des frühen 21. Jahrhunderts (Scripta Ladina Brixinensia III), Bulsan 2014, pl. 546.
Zënza fin
Ten bot, pernanch che ‘n miena che l’viver
sibe n bën,
grangheneus y ‘nchin tl fonz da ‘n dejider
turmentà,
nosc cuer sënt fiërs ‘l bujën de l’ imurtalità,
che i Vedas o ‘l Coran ‘mpermët a chëi ch’ ië
da bën.
Plu tert, te nosc dedit’ balestea ‘l crëi ch’ vën
negà,
y sce ‘l toma, trapinan pea ‘l speré che nes
‘ngiana,
dal rië cumbat cul dubité ch’i creidums zera
y scana,
cumparënes tu vencëdrëssa, o freida, dura
eurità.
Cun ti vënta y ‘l degors de dis brausc y arscinei,
a ‘n se de ite ciavëster devent-n tan usei,
veciaia ruva y l sepulcher ie tlo dan neus
daviërt.
Ma a chësc pont, ‘mped’ n’ulëi, toles tu dezijion
i paravijes mentidli n’ mët plu rem a l’atrazion
al ghëurdl ch’ travëusc tl nia, drët funrëul
y desert.
Ohne Ende
Plötzlich, sobald es den Anschein hat, dass
das Leben Gutes birgt,
nagt tief drinnen ein quälender Wunsch,
unser Herz verspürt das heiße Verlangen nach der Unsterblichkeit,
die die Veden oder der Koran den Guten
verspricht.
Später schwankt in unserem Inneren der Glaube, der verleugnet wird;
und sobald er fällt und die Hoffnung, die uns betrogen hat, mit sich reißt
durch den harten Kampf mit dem Zweifel, der den Glauben zerstört,
dann erscheine du uns, Gewinnerin, o kalte,
unbarmherzige Wahrheit.
Mit deinem Sieg und dem Ablaufen der bitteren und vom Alter gebrochenen Tage,
gewöhnt man sich so sehr an den beharrlichen Starrsinn,
das Alter kommt und das Grab liegt hier offen vor uns.
Doch jetzt entscheidest du, nicht ein Wille,
die lügnerischen Himmel sind kein Hindernis mehr für die Anziehung
des Sogs, der ins tiefe und einsame Nichts
hinunterzieht.
funtana: Rut Bernardi/Paul Videsott, Geschichte der ladinischen Literatur. Ein bio-bibliografisches Autorenkompendium von den Anfängen des ladinischen Schrifttums bis zum Literaturschaffen des frühen 21. Jahrhunderts (Scripta Ladina Brixinensia III), Bulsan 2014, pl. 547.
Kumjà
Liber ladin, skrit shu, kun tan de stenta,
dime, ce arà pa Max, kun dut si leur?
Respuent, ce giateres ana sulenta?:
„Spines, muejes, ferdrus y puek uneur“.
‘Nschi, m’zena sukret, n’ush askenduda,
ma m’dish ‘nke k’ne desse me despré,
sch’l mont n’m’rekunesh y me refuda,
k’sch per de rimes, k’m’à da tan da fe.
K’l bel Die, k’veiga dut, l ben y l mel,
‘ntendrà tosch sch’mi fersli vel o nò,
m’darà la forza p’r ciante plu bel,
p’r abinè roba mjeura, d’keschta tlo.
Farà l p’sier massa deibl, ghert y fort,
m’darà na forma pura y ben meudleda,
per vencer i nemic ke ne’s fesch tort,
per salvé noschta Lingua desprezeda.
Abschied
Ladinisches Buch, mit so viel Mühe niedergeschrieben,
sag mir, was wird Max haben von all dieser Arbeit?
Antworte, was wirst du, einsame Seele, bekommen?:
„Dornen, Kummer, Verdruss und wenig Ehre.“
Dies summt mir heimlich eine versteckte Stimme vor,
doch sie sagt mir auch, ich soll nicht verzweifeln,
wenn die Welt mich nicht anerkennt und
diese paar Verse, die mir so viel Arbeit gekostet haben, ablehnt.
Gott, der alles sieht, das Gute und das Schlechte,
wird bald verstehen, ob meine Verse wertvoll sind oder nicht,
er wird mir die Kraft geben, noch schöner zu singen,
um noch Besseres als dies hier zu schreiben.
Er wird den zu schwachen Gedanken kräftigen und stärken,
wird mir eine reine und gut gebildete Form geben,
um die Feinde, die uns Unrecht zufügen, zu besiegen
und unsere verachtete Sprache zu retten.
funtana: Rut Bernardi/Paul Videsott, Geschichte der ladinischen Literatur. Ein bio-bibliografisches Autorenkompendium von den Anfängen des ladinischen Schrifttums bis zum Literaturschaffen des frühen 21. Jahrhunderts (Scripta Ladina Brixinensia III), Bulsan 2014, pl. 547-548.