Simon Soraperra de Giulio
Simon Soraperra nacque a Penia in una famiglia contadina, dove imparò a conoscere la vita rurale con le sue regole e tradizioni. Per via di una malattia grave iniziò a scrivere diverse forme di letteratura, trattando tematiche come le tradizioni e i costumi della sua terra natia. Usanzes e lurgeres da zacan è una documentazione importante della vita e del lavoro dei nostri antenati. Quest‘ opera comprende anche rime, storie e altre testimonianze di quel tempo. Importanti e famose sono anche le sue Mascheredes. Soraperra cuntribuì a mantenere e salvaguardare la lingua ladina, scrivendo vecchi toponimi, proverbi che riguardano il lavoro e la vita quotidiana.
I vegères per la minigònå
No é ne pré, ne ciavezègnes,
nia sa mont, ne a cèsa vères,
niènce cianpes, niènce règnes,
ma é cater pé de bìe vegères.
Dirède ades: „Ma cater pé,
ne sa bèn mingol masa.“
Ma nia deldut, ve dighe ge,
canche no se vèit più chiche pasa.
Donca un pé con štèngia forsenèda,
é conprà per veder dalènc,
perché da uš fin jun štrèda,
no cognošée la tòuses più dai fènč.
Dapò per véder davejin,
de un secondo pé é fat vaghèda,
con chi, vedé, ge vèide fin,
e leje sorì šta mušatèda!
Ma vardà ades chel che sozede,
ala jènt dejordinèda:
la ròba mai i ciapa, se cherdéde,
perché tel sò pòšt i no l’à pojèda.
E un de chiš son propio ge,
(ma ve preèr no contà pa fòra!)
che canche in dòure magari un pé,
cogne meter la cèsa sot e sora.
Chier in via, chier in cà,
ti šcufons, ti ciuzé,
tel ciadin, tel zapolà,
nun ciapèe mai un pé.
Sun šcancìa, lo dai tré,
ti botons e te la schières,
te pazèida, te mutré,
ma niènce puza de vegères.
A chierìr ge vel ège fin,
se i vegères se à perdù,
ma a no vedér dalènč, né davejin,
pere còs! ti es mèl metù.
E cošita un tèrzo pé,
é conprà un sun doi,
e ades i dòure, saéde a ché?
Po a chierìr chi etres doi.
Ma acà doi ègn m’é šozedù,
dant a un cartin pien e rès,
na ròba che no volese aér vedù…
(E sì che aée i miores, pojé sul nès.)
Vèide mia fia bèn puzenèda,
bèla de ògne vers, ciufol bèn metù,
che la ponta demez duta profumèda,
ma zènza rocia, a mi m’é à parù!
Fermete, fermete! é sobit chiamà,
(e tanche tanche no é perdù la štafes)
Ma cošì l’é peso che dejanchià,
jir štroz, pardìe, mošan la tafes!
Ma diš la femena che aéa šcutà:
„Te vès bèn incontra i sesantacinch,
ma sapiešte che mia tòusa la rocia l’à,
ma no te vèis che ti es verč dešche un flinch“.
„La mòda cošita l’à indrezà.
I ge diš la minigòna vertiginosa,
e l’é la più bèla ròba che l’à inventà,
e la podesa portèr ènce la šposa!“
E l’é štat cošita che bel in preša,
el quarto pé é conprà de arjènt,
ma con viereš bogn, lèštra špesa,
che fèš cinch òute ingrandimènt.
Ma a ve preèr no contà,
de chešt fat, siel bel o siel burt,
che un pé de vegères é conprà,
per veder più lènch el masa curt!
Die Brille für den Minirock
Ich habe weder Wiesen noch Raine,
kein Brachland auf der Alm oder im Tal,
weder Felder noch Königreiche,
aber vier schöne Brillen.
Ihr werdet jetzt sagen: „Aber vier Brillen,
das erscheint uns schon etwas zu viel.“
Überhaupt nicht, sage ich euch,
wenn man nicht mehr sieht, wer vorübergeht.
Also, eine Brille mit metallener Fassung
habe ich für die Fernsicht gekauft,
denn von der Haustüre bis auf die Straße,
unterschied ich nicht mehr die Mädchen von den Burschen.
Dann, um in der Nähe zu sehen,
habe ich mir eine zweite geleistet,
mit dieser, seht ihr, sehe ich klar
und lese leicht diesen Blödsinn!
Doch gebt nun Acht,
was den unordentlichen Leuten passiert:
sie finden nie die Dinge, das könnt ihr mir glauben,
weil sie sie nicht an ihren Platz gelegt haben.
Und einer von diesen bin wirklich ich,
(doch ich bitte euch, erzählt es nicht herum!)
denn wenn ich eine Brille brauche,
muss ich das Haus auf den Kopf stellen.
Suche hin, suche her,
in den Socken, in den Schuhen,
in der Schüssel, im Schmarren,
ich fand nie eine.
Auf der Kredenz, dort beim Spagat,
bei den Knöpfen und den Schnallen,
im Kübel, im Backtrog,
von der Brille keine Spur.
Beim Suchen braucht es ein scharfes Auge,
wenn man die Brille verloren hat,
doch wenn man weder fern noch nah sieht,
armer Teufel! steckst du in der Klemme.
Also eine dritte Brille hinzu
kaufte ich mir zu den zweien,
und jetzt brauche ich sie, wisst ihr wofür?
Natürlich, um die anderen zwei zu suchen.
Doch vor zwei Jahren sah ich,
bei einem randvollen Viertele,
eine Sache, die ich lieber nicht gesehen hätte…
(Obwohl ich meine beste auf der Nase trug.)
Ich sehe meine Tochter ordentlich geschminkt,
schön in jeder Hinsicht, den Haarknoten gut
gebunden,
wie sie stark parfümiert loszieht,
doch ohne Rock, wie mir schien!
Halt, halt! rief ich sofort,
(und wäre beinahe aus der Fassung geraten),
das ist doch schlimmer als unordentlich gekleidet,
verdammt, mit nackten Pobacken herumzulaufen!
Darauf meine Frau, die zugehört hatte:
„Du wirst wirklich bald fünfundsechzig,
du wirst doch merken, dass meine Tochter einen Rock trägt,
siehst du nicht, dass du blind wie ein Fink bist“.
„Die Mode hat das so eingerichtet.
Man nennt dies den schwindelerregenden Minirock,
und es ist die schönste Sache, die erfunden wurde,
und er könnte auch von der Braut getragen werden!“
Und so geschah es, dass ich sofort
die vierte Brille aus Silber gekauft habe,
doch mit guten und dicken Gläsern,
die alles fünffach vergrößern.
Doch ich bitte euch, erzählt nichts
von dieser Sache, sei sie gut oder schlecht,
denn eine Brille habe ich gekauft,
um das zu Kurze etwas länger sehen zu können!
funtana: Rut Bernardi/Paul Videsott, Geschichte der ladinischen Literatur. Ein bio-bibliografisches Autorenkompendium von den Anfängen des ladinischen Schrifttums bis zum Literaturschaffen des frühen 21. Jahrhunderts (Scripta Ladina Brixinensia III), Bulsan 2014, pl. 1078-1080.